Knowledge Graph
Google, Facebook und Amazon nutzen sie schon lange: Knowledge Graphen. Wer seine Daten auf diese Weise organisiert, kann wesentlich mehr Wissen aus Daten herausfiltern und legt die Basis für den Einsatz fortgeschrittener künstlicher Intelligenz. Mittlerweile verbreiten sich Enterprise Knowledge Graphen auch in mittleren und großen Unternehmen.
Wir erklären, wie die Technologie funktioniert und wie sie in datengetriebenen Unternehmen eingesetzt wird.
Definition: Was ist ein Knowledge Graph?
Als Knowledge Graph bezeichnet man NoSQL-Datenbanken, die so organisiert sind, dass sie Daten in ihren semantischen Zusammenhängen abbilden. Objekte werden als Knoten (Nodes) dargestellt, deren Beziehung über Kanten. Strukturierte und unstrukturierte Daten können auf diese Weise in Themenclustern (Ontologien) organisiert werden. Ein solches Datennetz verändert sich in seiner Struktur, je nachdem welche neuen Daten und Informationen ergänzt werden.
Knowledge Graphen können die traditionelle Datenorganisation in relationalen Datenbanken ersetzen. In diesen wird vorab definiert, welche Datenattribute in Tabellen erfasst werden sollen. Die Tabellen werden zwar untereinander verbunden, aber die Verknüpfung ist relativ starr. Und anders als beim Knowledge Graph können nur strukturierte Daten verarbeitet werden.
Für die modernen Anforderung der Unternehmenswelt, Daten abteilungs- und systemübergreifend auszuwerten, sie im Kontext zu verstehen und dem Anwender verborgene Zusammenhänge aufzuzeigen, sind Knowledge Graphen wesentlich besser geeignet als relationale Datenbanken.
Ein Beispiel für Knowledge Graph
Google führte bereits 2012 den Knowledge Graph ein. Tippt ein Anwender ins Suchfeld: „Wie lerne ich Programmieren?“ durchsucht die Suchmaschine das Internet nicht nur nach den Keywords Lernen und Programmieren. Der Knowledge Graph verfügt über Ontologien zu den Themen Lernen und Programmieren. Daher „versteht“ die Suchmaschine die Zielrichtung der Frage auf semantischer Ebene und kann qualitativ höherwertige Antworten liefern.
Knowledge Graph und Künstliche Intelligenz
Ein Knowledge Graph ist eine gute Basis für den Einsatz von Maschine Learning und fortgeschrittener künstlicher Intelligenz. Denn Daten lagern nicht in vereinzelten Systemen, sondern werden zentral gespeichert – und zudem in sinnlogische Beziehung zueinander gesetzt. KI-Tools werten Daten mithilfe von Knowledge Graphen so aus, wie menschliche Gehirne arbeiten. Sie berücksichtigen Bedeutung und Kontext einzelner Daten.
Noch ist der Einsatz der Technologie in Unternehmen nicht etabliert. Doch die steigenden Datenmengen und hoher Wettbewerbsdruck zwingen Unternehmen, ihre Daten wertschöpfender zu organisieren. Auch die Verbreitung von personalisierten Produkt- und Handlungsempfehlungen, von Chat Bots und Navigationshilfen, die Knowledge Graphen verwenden, sorgt für ein größeres Bewusstsein für das Potenzial der Technologie.
Laut AI Hype Cycle von Gartner gehört der Knowledge Graph zu den KI-Innovationen, bei denen es noch fünf bis zehn Jahre dauern wird, ehe er sich als Technologie im Mainstream etabliert. Für Unternehmen, die Wettbewerbsvorteile realisieren wollen, ist jetzt der optimale Zeitpunkt, die Technologie einzuführen und sich mit ihrem Potenzial vertraut zu machen.
Im Unternehmenseinsatz: Der Enterprise Knowledge Graph
Kommen Knowledge Graphen in Unternehmen zum Einsatz, werden sie als Enterprise Knowledge Graph bezeichnet. Nicht immer sind sie der traditionellen Organisation in relationalen Datenbanken überlegen. Es kommt auf den Anwendungsfall an.
Nehmen wir an, wir wollen Projekte organisieren. Stehen Budget, Mitarbeiter und Timeline im Vorfeld fest, haben wir es mit strukturierten Daten zu tun und einem Datenschema, das sich während der Projektlaufzeit nicht verändern wird. Wir wissen auch vorab, welche Analysen möglich sind und welche ausgeführt werden sollen. Sofern wir immer Projekte nach dem gleichen Schema ausführen und immer unter denselben Gesichtspunkten auswerten wollen, sind relationale Datenbanken eine gut geeignete Form der Datenorganisation.
Knowledge Graphen eignen sich allerdings besser, wenn wir viele unterschiedliche Projekte organisieren wollen und es zu Varianten und Ausnahmen in der Struktur der Projekte kommt. Müssen bei einem Projekt Fördergelder in der Finanzierung berücksichtigt werden? Ist ein Projekt in Teilprojekte zu splitten? Dann ist ein Knowledge Graph der tabellarischen Datenorganisation überlegen.
Auch ungeplante Fragestellungen, auf die die Projekte analysiert werden sollen, können sie besser handhaben. Der Knowledge Graph kann Projekte nach Kunden, Themen oder beliebigen anderen Variablen gruppieren und übergreifende explorative Datenanalysen durchführen. IT-Know-how ist dafür nicht mehr erforderlich. Jeder Business-Anwender ist in der Lage solche Insights zu generieren.
Use Cases für Enterprise Knowledge Graph
Von der semantischen Datenorganisation profitieren alle Unternehmen. Denn sobald Wissensarbeit gefragt ist, kann ein Knowledge Graph Fachabteilungen und Kunden besser unterstützen als traditionelle Datenbankabfragen
Risikomanagement
Wie wirkt sich eine Veränderung im Projekt auf die Langzeitplanung aus? Gibt ein Ingenieursteam während eines Projekts neue Spezifikationen für ein Bauteil an, kann dies beim Zulieferer dazu führen, dass er neue Maschinen anschaffen muss, um die Anforderungen umzusetzen. Lieferverzögerungen und Budgetüberschreitungen können die Folge sein. Je komplexer ein Projekt, desto schwieriger, sämtliche Auswirkungen zu überblicken. Ein Knowledge Graph zeigt offensichtliche und indirekte Konsequenzen im Vorfeld auf und erleichtert die Risikoeinschätzung.
Compliance
Unternehmen müssen eine Vielzahl rechtlicher Vorgaben erfüllen und sich regelmäßig auf neue Rechtsvorschriften einstellen. Wer Geschäftsbeziehungen in mehrere Länder unterhält, kann leicht die Übersicht verlieren, wo wann welche Vorschriften gelten. Welche Prüfungen muss zum Beispiel Produkt A in Land B erfüllen, ehe eine Zulassung möglich ist? Wird für die Lieferung in Land C eine Ausfuhrgenehmigung benötigt? Solche Fragen lassen sich mithilfe eines Knowledge Graphs unkompliziert abfragen – ohne langes manuelles Suchen.
Instandhaltung
Techniker in der fertigenden Industrie benötigen Expertenwissen, um die Anlagen und Maschinen zu prüfen, zu warten und zu reparieren. Häufig ist dieses personengebunden oder in getrennten Systemen gespeichert. Welches Spezialwerkzeug ist für die Reparatur der Maschine notwendig? Welche mögliche Fehlerursache sollte bei der Maschine immer geprüft werden? Ein Knowledge Graph in der Instandhaltung führt strukturierte Daten und unstrukturiertes Erfahrungswissen zusammen. Fehlerursachen können so schneller erkannt werden, Expertenwissen ist unternehmensweit zugänglich und Kunden profitieren von kürzeren Technikereinsätzen.
Produkt- und Anwendungsdaten
Welche ähnlichen Produkte könnten für dem Kunden einen Mehrwert bieten? Beim Vertrieb komplexer technischer Produkte in vielen Varianten funktionieren statistische Modelle à la „Andere Kunden kauften auch“ nicht. Ein Knowledge Graph erkennt jedoch ohne große Vergleichsbasis, welche weiteren Produkte im Anwendungsumfeld einen Added Value für den Kunden bieten. Denn aufgrund seines semantischen Ansatzes macht er das Branchen- und Überblickswissen von Unternehmen zugänglich. Nennt ein Kunde spezifische Leistungs- und Kompatibilitätsanforderungen ist ein Knowledge Graph in der Lage, bereits im Kaufprozess zu unterstützen und passende Produkte zu empfehlen. Auf diese Weise steigern Unternehmen ihre Abschluss-, Cross- und Upsell-Quoten.
Datenaustausch
Vor allem im E-Commerce, aber auch in der industriellen Supply Chain machen es viele Unternehmen zur Voraussetzung für eine Zusammenarbeit, dass ihre Partner Daten in bestimmten Datenaustauschformaten bereitstellen. Ohne einen Knowledge Graphen müssen Organisationen dafür einen großen Aufwand betreiben und zahlreiche Daten manuell klassifizieren. Häufig entstehen Redundanzen und leidet die Effizienz des Datenmanagements. Mit einem Knowledge Graphen können Daten zentral gespeichert und ohne redundante Datenpflege in verschiedenen Formaten ausgegeben werden.
Häufige Fragen rund um Knowledge Graphen
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Der Knowledge Graph speichert Daten in ihrem Kontext und berücksichtigt semantische Beziehungen. Er kann strukturierte und unstrukturierte Daten verarbeiten. Relationale Datenbanken können ausschließlich mit strukturierten Daten arbeiten, die sie in Tabellen speichern. Diese können untereinander verknüpft, aber nicht so einfach wie ein Knowledge Graph um neue Variablen erweitert werden. Das relationale Datenbankmodell ist für KI-Anwendungen und die Verarbeitung komplexer Zusammenhänge schlechter geeignet.
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Die Datenorganisation als Knowledge Graph eignet sich sowohl als Input für Machine-Learning-Algorithmen als auch zur Darstellung ihres Outputs. ML-Algorithmen können Datennetze statt relationaler Datenbanken als Input für ihre Analysen verwenden und ihre Ergebnisse selbstständig verbessern. Unabhängig von der Datenquelle können sie aus ihren Ergebnissen Knowledge Graphen erstellen bzw. diese erweitern.
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Vor der technischen Entwicklung steht die strategische Überlegung: Für welchen Use Case soll der Knowledge Graph verwenden werden? Davon ausgehend werden die relevanten Datenquellen in einer NoSQL-Graphendatenbank zusammengeführt und dort semantisch organisiert. Die Performance des Knowledge Graphs verbessert sich während der Anwendung. Denn er interpretiert die Aktivitäten der Nutzer als Feedback, das er zur besseren Vernetzung und Gewichtung der Datenobjekte verwendet.
Bessere Daten. Bessere Entscheidungen.